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 Alenka VODNIK
 
Textilmuster in den Villacher Malerwerkstätten des 15. Jahrhunderts
 
Die Bestandsaufnahme der gemalten Textilmuster in der gotischen Wandmalerei Sloweniens an den Arbeiten der Werkstätten, die von der Forschung bereits stilistisch bestimmt waren, hat gezeigt, daß die einzelne Schablone für das Auftragen der Muster nicht übertragbar war: Sie blieb Eigentum der Werkstätte bzw. ihres Inhabers, der sie nur seinen unmittelbaren Nachfolgern hinterließ. Dadurch erweisen sich die Textilmuster als zuverlässiges Hilfsmittel bei der Zuweisung einzelner Ausmalungen an einen bestimmten Maler, eine Werkstätte oder ihre Nachfolge. Der Beitrag faßt die Ergebnisse zusammen, die die Untersuchungen der Textilmuster in den Arbeiten der Villacher Werkstätten des 15. Jahrhunderts (vom Meister Friedrich bis zu Thomas von Villach) vor Ort und ihre Rekonstruktionen erbracht haben.
 
Die seinerzeit der Villacher bzw. Friedrich-Werkstätte zugeschriebenen und nachher dieser aus stilistischen Gründen abgesprochenen Malereien (z. B. Wabelsdorf, St. Ulrich a. d. Goding, Völkermarkt, Treffen, Rosenheim, Altersberg) weisen keine oder andersartige Stoffmuster auf und rechtfertigen somit ihre Ausscheidung. Ansonsten übertrieb die ältere Villacher Werkstätte – im Einklang mit den ungeschriebenen Regeln des Weichen Stils – nicht mit der Anwendung von schablonierten Mustern. Trotzdem läßt sich feststellen, daß sie dabei auf gewisse Weise konsequent war: Sie bildete nur „einheimische" Stoffe ab, d. h. die „negativen" Muster mit symbolischer Bedeutung, und dies nur bei wenigen, aus dem einen oder anderen Grund hervorgehobenen Figuren.
 
Der Verwendung ein und derselben Schablone können wir von der ersten Arbeit Meister Friedrichs in Mariapfarr bis zu St. Gandolf a. d. Glan und (unter Umständen) Tarvis folgen; als Mitarbeiter, wenn schon nicht Mitleiter der Werkstätte erwies sich auch der ansonsten qualitativ unterlegene Meister der Marienkapelle in Feistritz a. d. Drau. Die andersartigen (und veralteten) Textilmuster in Unterferlach bei Ledenitzen und Tamsweg (die erste Kreuzwegkapelle) bestätigen den Zweifel an der Einordnung dieser Werke und scheiden Friedrich als potentiellen Autor aus: Beide Maler gehören sowohl stilistisch als auch dekorativ zu anderen Richtungen. Die Verselbständigung oder zumindest eine zeitweilig selbständige Tätigkeit einiger Maler beweisen auch Draperien ohne Muster (z. B. St. Michael in Lungau, Heiligengeist bei Villach) oder mit einfachen kleinen (St. Egyden a. d. Drau) und seltenen neuen „negativen» lucchesischen Mustern (Selo bei Žirovnica).
 
Wie konsequent die Regel eingehalten wurde, daß die Schablone physisch im Besitz ein und derselben Werkstätte bleiben mußte, zeigt besonders anschaulich das Beispiel des Johannes von Laibach (Janez Ljubljanski), des Sohnes Friedrichs, der sich nach seiner Verselbständigung und Niederlassung südlich der Karawanken neue Schablonen anfertigen ließ, welcher er sich auch nicht bediente, als er nach einigen Jahren für eine Weile wieder nach Kärnten seinem Vater zu Hilfe kam.
 
Leider haben die Textilmuster nicht die Frage gelöst, wer die Leitung der Friedrich-Werkstätte gleich nach dem Tod des Meisters übernahm. Dennoch kann Thomas von Villach potentiell als dessen mittelbarer Nachfolger gelten, da er mit großer Wahrscheinlichkeit in Tiffen und Gerlamoos eine oder zwei Schablonen der Friedrich-Werkstätte wieder verwendete.