Leitner AHAS 10nem
Karin LEITNER
„... außer meiner Person kein anderer Kupferstecher in Gratz befündlich ...“. Christoph Dietell (1690–1764)
Der Kupferstecher Christoph Dietell (1690-1764) wurde bisher nur in einzelnen Lexika erwähnt. Eigene Werkbesprechungen betrafen ihn ausschließlich als Kartographen.
Die Familiengeschichte, selbst die genauen Lebensdaten des Künstlers konnten erstmals erforscht werden: Daraus lässt sich erkennen, dass die Tradition des „Kupferdruckens“ bereits in der Vatergeneration begründet war. Der Vater Stephan Dietl war als „ein Kupfertrückher zu Fürt in der Obern Pfalz gebürtig“ nach Wien gekommen, wo Georgius Christophorus am 8. März 1690 in der Dompfarre St. Stephan getauft wurde. Christoph Dietell hatte sechs Geschwister. Ein Bruder, Franz Ambrosius, wird später als „Universitätskupferstecher“ in Wien genannt. Christoph war als „civis academicus“ an der Wiener Universität immatrikuliert und hatte somit ein Vorrecht auf Vergabe von Kupferstecherarbeiten für die Universität.
Das erste mit Graz bezeichnete Blatt ist 1723 datiert: das Mariengnadenbild in St. Martin bei Windischgrätz/Smartno pri Slovenjem Gradcu. Beim Heiratsaufgebot im Jahre 1725 in der Dompfarre St. Stephan in Wien wird Christoph Dietell als „angehender Kupferstecher und Kunsthändler zu Gräz im Steyermarck“ genannt. Seine Beweggründe nach Graz zu gehen, sind nicht bekannt. Er war jedoch bis zum Auftreten der Familie Kauperz am Ende der 30er Jahre des 18. Jhs. in Graz der einzige sesshafte Kupferstecher. 1735 wurde er zum landschaftlichen Kupferstecher ernannt, wodurch er sich neben den Arbeiten für die Kirche auch von der weltlichen Seite Aufträge sicherte. Neben der künstlerischen Tätigkeit arbeitete Dietell ebenso als Verleger.
Christoph Dietell war Vater von acht Kindern, wovon zwei im Kindesalter verstarben. Die Familie lebte höchstwahrscheinlich in der (heutigen) Neutorgasse 31, im sogenannten „Kälbernen Viertel“, welches rund um die Franziskanerkirche bestand. Am 1. Dezember 1764 starb Christoph Dietell in Graz.
Seine Werke lassen sich in die für diese Zeit typischen Kategorien eines Kupferstechers unterteilen: landesgeschichtliche Aufnahmen, Karten, Buchillustrationen (darunter auffallend oft Allegorien), Andachtsbild- und Gebrauchsgraphik. Es handelt sich dabei ausschließlich um Auftragsarbeiten. Die Gegenreformation hielt noch stark an und viele Aufträge erfolgten von der Grazer Jesuitenuniversität. Neben den bekannten Heiligen wie Franz Xaver (Oberburg) oder Johannes Nepomuk kommen interessante Darstellungen weniger bekannter Heiliger vor wie Expeditus oder Josef von Leonessa. Die Figurenbehandlung beherrscht der Künstler zum Großteil. Probleme bereitet ihm eher die Perspektive.
Neben den religiösen Themen sind für uns heute vor allem die landesgeschichtlichen Aufnahmen von großem Interesse – sei es in Form von Porträts der steirischen Herzöge im Werk Historia Ducum Styriae, 1728, oder in den großartigen sowohl klein- als auch großformatigen Steiermarkkarten. Stilistisch ist er gänzlich dem Barock verpflichtet; auch mit den Allegorien steht er durchaus im Denken seiner Zeit.
Als Anhang ist ein genaues Werkverzeichnis angefügt: Das Œuvre wird mit Titel, Technik, Maße und Standorte erfasst. Eine Erweiterung desselben wird in einem der nächsten Bände erscheinen.