Leitner AHAS 6nem

Karin LEITNER
 
Die Grazer Kupferstecherfamilie Kauperz und die Andachtsbildgraphik im 18. Jahrhundert
 
Die aus dem niederösterreichischen Zistersdorf bzw. Baumgarten archivalisch nachweisbare Kupferstecherfamilie Kauperz wird in Graz erstmals bei der Hochzeitsmatrikel von Johann Michael Kaupertz und Maria Anna Lederer am 15.6.1739 urkundlich erwähnt. Die Kupferstechertradition läßt sich über drei Generationen verfolgen. Johann Kaupertz (gest. 1763) wechselte vor 1739 vom Schuster zum Bilderhändler und "biltltrukher". Sein Sohn Johann Michael Kaupertz (1712–1786) erlernte die Kupferstecherkunst bei Johann van der Bruggen in Wien und besuchte nebenbei die Wiener Akademie unter Jacob van Schuppen. Der früheste bekannte Grazer Auftrag für Johann Michael Kaupertz datiert mit 1737, die Reproduktion des Altarblattes des "Kreuztragenden Christus" in der Franziskanerkirche. In der Elisabethinergasse richtete er sich eine Werkstätte ein, die er in spateren Jahren mit vier Söhnen teilte: Johann Veit, Jakob Melchior, Antonius und Johann Michael jun.
 
Von den vier Brüdern ist Johann Veit (1741–1815) der produktivste und qualitätvollste. Als ältester übernahm er auch die Werkstätte des Vaters, nachdem er nach der Lehre im väterlichen Betrieb ab Oktober 1766 als einer der ersten Schüler die von Jakob Mathias Schmuzer neu gegründete Kupferstecherakademie in Wien für dreieinhalb Jahre besucht hatte. 1770 erhielt Johann Veit die Mitgliedschaft an der Florentiner Accademia del Disegno; 1772 erfolgte die Aufnahme als Mitglied an der Wiener Kupferstecherakademie. Der Wiener Hof bemühte sich um den Grazer Künstler, der es jedoch vorzog in seiner Heimatstadt ab 1775 als einer der ersten Zeichenlehrer Österreichs zu arbeiten und hier 1785 eine Privatzeichenakademie zu gründen. Die Landstände unterstützten diese Akademie zwar von Anfang an, aber erst 1791 erfolgte laut Hofentschließung eine festgesetzte jährliche Zahlung, womit erstmals die Nennung als Steirisch Ständische Zeichenakademie als berechtigt erscheint. Aus dem erhaltenen Aktenmaterial geht hervor, daß es nicht unbedingt darum ging, perfekte Künstler aus dieser Schule zu entlassen, als vielmehr ein künstlerisches Verständnis in der Gesellschaft zu festigen und die Zeichenkunst für verschiedene Handwerksberufe zu perfektionieren. Eine Besonderheit an der Grazer Akademie stellt die Errichtung einer eigenen Frauenakademie im Jahre 1806 dar.
 
Die Themenbereiche der zahlreichen Blätter in verschiedenen Tiefdrucktechniken erstrecken sich über das private Andachtsbild, Porträts und Kopfstudien, Gemäldereproduktionen, Buchillustrationen bis zur Gebrauchsgraphik. Die Andachtsbildgraphik stellt einen großen Anteil der Werkstattarbeit im Haus Kauperz dar. Geographisch betrachtet konzentrieren sich die Arbeiten auf den steirischen Raum (die Untersteiermark inbegriffen); nur wenige Beispiele gehen über diese Grenzen hinaus ins heutige Kärnten, Krain, Kroatien und Ungarn. Neben der Werkstätte der Familie Kauperz sind es aber auch Christoph Dietell, Marcus Weinmann, Johann Michael Ferstler und Bernhard Hermann, die vor allem in der ersten Hälfte des 18. Jh.s im Dienste der Kirche standen. Noch vor der Zusammenarbeit mit seinen Söhnen scheint Johann Michael Kaupertz sen. des öfteren gemeinsam mit Bernhard Hermann Stiche angefertigt zu haben. Der Werkstattbetrieb der Familie muß kurze Zeit sehr rege gewesen sein. Eine chronologische Reihung der Andachstbildgraphik ist kaum vorzunehmen. Die Ouvres von Jakob Melchior und Michael jun. Kauperz sind zu wenig umfangreich, um eine kontinuierliche Entwicklung vom Früh- bis zu einem Spätwerk erkennen zu lassen. Durch ihre Schulung beim Vater sind sie noch stark dem Barock und Rokoko verpflichtet. Johann Veits Ouvre hingegen erfuhr durch seine Ausbildung in Wien bei Jakob Mathias Schmuzer, Franz Edmund Weirotter und Johann Gottfried Haid eine beachtliche und reizvolle Entwicklung vom horror vacui –geprägten, überladenen Rokokobild zum eher nüchternen, ruhigen Bild der Zeit der Aufklärung. Von den Themen (Heiligenbilder, Maria mit Kind etc.) und der Verwendung (Wallfahrtsbildchen, Bruderschaftsblatt, Schluckbildchen etc.) der Blätter abgesehen, lassen sie sich auch in folgende Typen einteilen: Reproduktionsgraphik (Darstellung eines vorhandenen Gnaden– oder Altarbildes), zweizoniges Andachtsbild (das Gnadenbild ist mit einer topographischen Ansicht des Gnadenbildortes kombiniert), traditionelle Form (von altbekannten Wallfahrtsorten wie Maria Zell) und die narrativen Andachtsbildgraphiken (das Gnadenbild wird mit einer Legende verbunden dargestellt). Die Josephinischen Gesetze und Reformen brachten eine rigorose Einschränkung der Prozessionen und die Abschaffung der Bruderschaften mit sich. Die damit verbundene Unterdrückung der Andachtsbildverehrung in den letzten zwei Jahrzehnten des 18. Jh.s ließ die Werkstätte von Kauperz Alternativen in der Produktion suchen, die sich vermehrt der Buchillustration und Gebrauchsgraphik (Geschäftskarten, Gesellenbriefe etc.) zuwendete.