Cevc AHAS 5nem

Emilijan CEVC
 
Die Fresken der Rekatholisierungszeit in Šentjurij na Dolenjskem
 
Das Dorf Šentjurij in (einst Unterkrain genannten) Dolenjsko in Slowenien wird in den Quellen erstmals 1341 als "in monte s. Georgen" erwähnt, seine St. Georgs Kirche enstand aber als Filialkirche der Pfarre Mirna Peč bereits in der zweiten Hälfte des 12. oder zu Beginn des 13. Jahrhunderts. An das romanische Schiff wurde im 14. Jahrhundert anstelle der ursprünglichen romanischen Apsis ein gotisches Presbyterium mit polygonalem Chorhaupt angebaut. Um 1640 wurden die Rippen des Kreuzgewölbes abgeschlagen, ihr Verlauf mit Mörtelgraten angedeutet und das ganze Presbyterium mit Malereien (al secco und Tempera) ausgeschmückt, die dann im 19. Jahrhundert übertüncht wurden. Nun sind diese Malereien zur Gänze freigelegt und restauriert.
 
Das vom Gewölbescheitel bis zum Boden ausgemalte Presbyterium zeigt an der südöstlichen Schlußwand einen Christus auf dem Ölberg in konvenzioneller, um 1500 herangereifter Manier. An der nordwestlichen Schlußwand befindet sich eine aus mehreren Situationsmotiven zusammengesetzte Darstellung der Verehrung der Eucharistie: oben thront auf bällchenförmigen Wolken Christus mit dem Reichsapfel in der Hand; die drei, teilweise überdeckten Apostelfiguren daneben erinnern an die Szene der Verklärung Christi. An der Seite symbolisiert Gott Vater, auf Christus weisend, die Worte: "Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe." Den unter dem Christus dargestellten größeren Engel mit der Monstranz begleitet das Zitat aus der liturgischen Hymne "Lauda Sion ...": ECCE PANIS ANGELORVM, FACTVS CIBVS VIATIONEM (sic!). Die im unteren (irdischen) Teil stehenden und knieenden Gläubigen beten zum alerheiligsten Sakrament. Unter den Darstellungen des Ölbergs und der Eucharistie befinden sich in rechteckigen Rahmen die orthographisch nicht ganz korrekten Zitate des Evangeliums nach Matthäus 26 bzw. 25.
 
Die zwei Gewölbefelder am Triumphbogen bedeckt die Szene der Verkündigung, in den weiteren sind die vier Evangelisten mit ihren Symbolen dargestellt. Alle freien Flächen des Gewölbes, der Wände und der Fensterlaibungen bedeckt ein phantastisches, für die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts typisches Pflanzenornament.
 
Das Ölbergmotiv erweist sich als ein wahres, sowohl für die Katholiken als auch für die Protestanten gültiges, Zeichen der Zeit: wie Christus in seiner Not sich dem Willen seines Vaters beugte, so vertrauten auch die Gläubigen beider Konfessionen in ihrer geistigen Bedrängnis auf die Erlösung und die ewige Seligkeit. Die Verehrung der Eucharistie hingegen ist die katholische Antwort auf die evangelisch-lutherische Verneinung der immer währenden Anwesenheit von Christi Leib im Wein und Brot. Für die Protestanten vollzieht sich ja die Transsubstantiation lediglich im jenem Augenblick des "Abendmahls", in dem sie das Brot und den Wein empfangen; die Messe – der Gottesdienst mit der Feier der Eucharistie war für sie belanglos. In der zweiten Hälfte des 16. und in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts erfasste das Luthertum auch die von Slowenen besiedelten Gebiete, insbesondere die Städte und Märkte; auf dem Lande förderten es – wegen des eigenen Nutzens – die Herren der umliegenden Schlösser, in Šentjurij z. B. der Schlossherr von Hmeljnik. Bei dem schon ohnehin arg verwilderten und verwirrten Volk gesellte sich zu allem Ungemach: den Naturkatastrophen, Türkeneinfällen, Bauernaufständen, den moralischen Ausschweifungen der Priesterschaft und dem Aberglauben nun auch noch der "neue Glaube". In den benachbarten Pfarren wirkten Pastoren, in den Kirchen wurden keine Messen gefeiert und ihre Hauptstadt Novo mesto war zur Gänze protestantisch. Im Jahre 1636, als der Protestantismus bereits nachließ, übernahm die Pfarre Mirna Peč der aus Ribnica gebürtige und bei den Jesuiten erzogene Pfarrer Thomas Paupertas, wahrscheinlich der Bruder oder wenigstens ein Verwandter jenes Georg Paupertas, Kaplans in Ribnica, den die Einwohner 1620 zu Tode geprügelt hatten und dessen Schicksal Pfarrer Thomas im katholischen Glauben wohl noch bestärkte. In seinem Rekatholisierungseifer gestaltete er auch die Kirche in Šentjurij um und ließ den Chor neu ausmalen. Die Bilder sind jedoch keineswegs glaubenskämpferisch und den Gegner verhöhnend, sondern theologisch dogmatisch begründet. Als Anhänger des Tridentinums war der Pfarrer vor allem bemüht die vom Konzil hervorgehobene Verehrung des Fronleichnam hervorzuheben.
 
Der von Thomas Paupertas beauftragte Maler verfasste seine Darstellungen, entsprechend dessen Weisung nach den Holzschnitten in der slowenischen Ausgabe von Petrus Canisius' Katechismus, den auf Wunsch des eifrigen Rekatholisators Thomas Hren, Bischofs von Ljubljana, der Jesuit Janez Čandik übersetzt hatte und der 1615 erschienen war. Die Darstellung der Verehrung der Eucharistie setzte er aus den Details mehrerer Holzschnitte zusammen, vor allem aus den Illustrationen des Vaterunsers in dem eben erwähnten Katechismus, die allerdings bereits in den 60-er Jahren des 16. Jahrhunderts entstanden waren.
 
Der Maler, der keineswegs ein geschulter Meister war, "barbarisierte" seine Vorlagen noch zusätzlich. Mit seiner beschränkten Farbgebung (einige der Farben oxidierten später) schuf er dennoch ein Werk, das sich nun in einem ungemein dekorativen Einklang mit dem im späten 17. Jahrhundert errichteten "goldenen" Altar befindet. Obwohl es sich um kein hochwertiges "Kunstwerk" handelt, erläutern die Malereien recht treffend die Zeit der Rekatholisierung und ihre geistige Befindlichkeit. Indem die Protestanten die Verehrung und Herstellung frommer Bilder ablehnten, bewirkten sie nämlich einen Stillstand des malerischen Schaffens, wodurch sich auch die Zahl der Ausübenden verringerte. Ein guter Maler war in jener Zeit kaum zu finden und so musste auch Pfarrer Paupertas mit dem Erstbesten vorlieb nehmen, den er möglicherweise in seinem Geburtsort Ribnica ausfindig gemacht hatte. Stilistisch sind diese Fresken mit den bereits überholten Elementen der nördlichen (deutschen) Spätrenaissance, des Manierismus und des Protobarock kaum zu definieren, dennoch verschmelzen sie zu einer zwar äußerst volksktümlichen, jedoch wirkungsvollen künstlerischen Aussage.